Karies – was ist das eigentlich?

Auf diese Frage werden viele jetzt antworten: ein Loch im Zahn, ist doch klar. Immerhin ist es das, was der Zahnarzt sagt. „Sie haben da ein Loch“. Die meisten von uns haben das auch als Kinder schon von Karius und Baktus oder von der Hexe Irma gelernt. Aber weiter? Was genau macht die Karies und wieso? Warum kriegen manche Leute Karies und andere nicht? Das und andere Dinge, die Sie sich wahrscheinlich noch nie gefragt haben, lesen Sie hier.

Grundstein der Karies

In der fünften deutschen Mundgesundheitsstudie heißt es, dass Karies eine der häufigsten chronischen Erkrankungen überhaupt sei. Laut Weltgesundheitsorganisation WHO stehen die Behandlungskosten für Karies weltweit sogar an vierter Stelle! Wir lesen also heraus: Karies ist eine sehr verbreitete Erkrankung. Und: Sie ist chronisch, also langanhaltend und meist nicht vollständig heilbar.

Der Auslöser von Karies ist in erster Linie ein Bakterium, nämlich Streptokokkus mutans (und Kollegen). Streptokokkus mutans ist nicht angeboren, zählt aber dann doch irgendwie zu unserer natürlichen Mundflora. Ja, man kommt im Lauf seines Lebens einfach nicht um dieses Bakterium herum. Wir alle haben ein bisschen Karius und Baktus im Mund, wenn man so will. Und weil wir diese Bakterien nie wieder loswerden können, ist Karies eben eine bakterielle chronische Erkrankung. Die Kariesbakterien sind da und warten nur darauf, zuzuschlagen.

Den Grundstein dafür, wann und wie schwer sie das tun können, den legen aber wir selbst.

Karies und Ernährung

Dass wir alle weniger Schokolade und generell Zucker futtern sollten, wissen wir. Dabei geht es nicht nur um die Bikini-Figur, sondern eben auch um Karies. Denn ja, Kariesbakterien ernähren sich von Zucker, aber auch Kohlenhydraten ganz allgemein.

In den 1930er Jahren machte man eine spannende Entdeckung, als man nach Grönland blickte. Im Osten war der Boden meist vereist, Landwirtschaft war kaum möglich und der Handel noch nicht so ausgereift. Die Leute lebten vor allem von der Jagd und hatten so gut wie gar keine Karies. Ihre Zähne waren gesund. Der Westen Grönlands hingegen war weitestgehend eisfrei, die Leute lebten in Städten, hatten eine deutlich vielfältigere Ernährung – und deutlich mehr Karies.

Karies und Zahnpflege

Auch das wissen wir dank Irma, Karius und Baktus: Eine gute Zahnpflege ist ein Muss, wenn wir den Bohrer vermeiden wollen.

Kariesbakterien schwimmen nicht einfach einzeln und isoliert in unserem Mund herum. Sie sammeln sich auf der Zahnoberfläche, besonders gerne dort, wo raue Stellen oder Ecken und Kanten sind, weil sie sich dort besser festhalten können. Diese festgesetzten Kariesbakterien nennen wir Biofilm, Zahnbelag oder Plaque. Von Anfang an werden Essensreste, vor allem Reste von Kohlenhydraten, in diesen Biofilm mit eingebaut.

Haben es sich die Bakterien jetzt richtig schön im Biofilm gemütlich gemacht und werden sie eben nicht von den Borsten der Zahnbürste oder dem Zahnseidenfädchen erwischt, bauen sie sich ein richtig schönes Netzwerk auf. Wie in einer wachsenden Stadt kommen Zugezogene dazu – neue Bakterien – und wenn die Grundversorgung stimmt und genug Kohlenhydrate vorhanden sind, schmeißen die Bakterien die Industrie an. Sie verstoffwechseln die Kohlenhydrate, das heißt, sie bauen den Zucker auseinander, um ihn aufnehmen zu können. Was dabei entsteht, ist Säure.

Wer schon mal in eine Zitrone gebissen hat, erinnert sich vielleicht an das komische Gefühl, wenn man danach mit der Zunge über die Zähne fährt. Unsere Zähne mögen keine Säure. Die Mineralstoffe, die den Zahnschmelz zur festesten Struktur unseres Körpers machen, werden durch die Säure herausgelöst: Der Zahn wird demineralisiert. Wer sich jetzt vorstellt, dass sich der Zahn dabei auflöst wie eine Brausetablette im Wasser, kann aber beruhigt bleiben. Die Demineralisation ist sehr langsam und es gibt mehr als genug Wege, die Zähne auch wieder zu remineralisieren, also wieder genügend Mineralstoffe hinzuzufügen. Zähneputzen zum Beispiel.

Ist die Demineralisation aber schon zu groß, wird der Zahn porös, ein bisschen wie ein Schwamm. Für die Bakterien ist das ziemlich cool, denn sie haben sich damit ein paar schicke Höhlen gebastelt, in die sie einziehen können. Weiter drin im Zahn spalten sie dann weiter Zucker, bilden weiter Säure, demineralisieren weiter… und tiefer… und weiter… bis der Zahn es nicht mehr aushält. Die Oberfläche bricht zusammen und da haben wir es, das Loch.

All das passiert ausgehend vom Biofilm. Wer also diesen Biofilm regelmäßig entfernt, sprich, sich tüchtig die Zähne putzt, und den Bakterien nicht übermäßig Futter liefert, sollte folglich sicher vor Karies sein.

Leider reden wir bei Karies von einer multifaktoriellen Erkrankung. Heißt? Zähneputzen und wenig Zucker essen schützt nicht immer.

Karies und die Vielfalt

Es ist unfair, aber wahr: Manche Menschen haben von Natur aus einen schwächeren Zahnschmelz. Eine Demineralisation schreitet schneller voran. Es gibt sogar angeborene Störungen der Zahnstruktur, die den Zahn extrem weich und anfällig machen können.

Manch einer hat außerdem eine unglückliche Speichelzusammensetzung, denn auch im Speichel sind eigentlich eine ganze Menge Mineralstoffe, die unsere Zähne schützen sollen. Mehr noch: Viel Speichel spült die Essensreste nach dem Essen schneller wieder weg, auch, wenn wir nicht direkt die Zähne putzen.

Menschen, die als Kinder viel Karies hatten, haben in der Regel deutlich mehr Kariesbakterien im Mund, die sie in Schach halten müssen. In manchen Mündern findet man auch eine andere Bakterienzusammensetzung, die eine aggressivere, schnellere Karies begünstigt.

Wer schon Kronen, Brücken, Füllungen und Co. mitbringt, hat oft Stellen im Mund, die schwieriger zu putzen sind als der natürliche Zahn. Und manche Zähne sind von Natur aus so geformt, dass die Zahnbürste gar nicht alles erreichen kann, egal, wie sehr man sich anstrengt.

Wie so vieles ist also auch die Karies nicht immer fair.

Und jetzt…?

Leider reicht der Platz nicht aus, um hier alle Möglichkeiten, Tricks und Kniffe zur Kariesvorsorge zu schildern. Gerne kommen Sie zur Vorsorgeuntersuchung oder zur persönlichen Beratung in die professionelle Zahnreinigung, wenn Sie erfahren wollen, wie Sie Karies und Baktus – äh, Kariesbakterien so gut wie möglich von Ihren Zähnen fernhalten können. Wir beraten Sie gerne individuell und auf Augenhöhe.

Ich hoffe, ich konnte Ihnen helfen, den Übeltäter Karies ein wenig besser zu verstehen, und habe Ihnen mit diesem Beitrag zusätzlich die Zeit ein wenig versüßt (ohne Kariesrisiko, versteht sich).

Bleiben Sie gesund,
Dr. Marianne Skroch