Frontzahntrauma – und jetzt?

Seit einigen Wochen ist die Schwimmbadsaison eröffnet. Draußen tummeln sich die Radfahrer und die Vereins- und Hobbyfußballer kicken sich durch den Sommer. Für uns Zahnärzte heißt das: Es ist mal wieder an der Zeit, Frontzähne anzukleben oder wieder einzusetzen. Aber was können Sie selbst tun, wenn Sie Zeugen eines solchen Unfalls werden? Und wenn es Sie oder Ihr Kind erwischt hat – was kann das jetzt für Folgen haben?

Grundlagen Frontzahntrauma

Als Trauma bezeichnen wir ganz generell eine körperliche oder geistige Schädigung oder Verletzung. Im zahnärztlichen Bereich sind Frontzähne am häufigsten betroffen, wenn es um solche Verletzungen geht, einfach, weil man dort am besten drankommt. Auf einen Backenzahn zu fallen und sich ein Stück davon abzubrechen, ist tatsächlich ziemlich kompliziert. Folglich gibt es eigentlich kein Backenzahntrauma. Ausnahmen: Autounfälle und Bierflaschen mit den Zähnen aufmachen.

Erleidet ein Zahn ein Trauma, gibt es verschiedene Möglichkeiten. Es kann sein, dass „nur“ der Zahnhalteapparat verletzt ist, weil der Zahn mit Kraft in sein Knochenfach reingedotzt wurde. Beim Kauen tut der Zahn dann erstmal weh, aber das erledigt sich in der Regel von allein.

Option Nummer zwei: Ein Zahn kann brechen. Sind diese Brüche sehr oberflächlich und nur im Zahnschmelz, wird er dadurch nicht einmal empfindlich. Meistens stört die Patienten dann nur die scharfe Kante. Ist der Zahnschmelz ab und liegt das darunterliegende Zahnbein frei, wird der Zahn kälteempfindlich. Wenn man Pech hat, bricht der Zahn sogar so weit ab, dass der Zahnnerv eröffnet wird.

Manchmal wird ein Zahn durch eine Krafteinwirkung auch in seiner Position verändert. Er kann in Richtung Gaumen kippen oder auf einmal nach vorne rausstehen, oder er kann in den Knochen reingedrückt oder rausgedrückt werden. Im Extremfall kann ein Zahn auch in seiner Gesamtheit ausgeschlagen werden.

Was können Sie tun?

Ist ein Zahn ausgeschlagen oder ein Stück verloren gegangen, begeben Sie sich bitte auf die Suche. Ein Zahnstück kann wieder angeklebt und ein herausgeplumpster Zahn wieder eingesetzt werden. Dabei zählt vor allem die Zeit. Wenn es Ihnen möglich ist, begeben Sie sich mit Zahn und Patient so schnell wie möglich zum nächsten Zahnarzt. Klar muss hier aber sein: Bei größeren anderen Verletzungen ist es wichtig, erstmal den Rest abzuklären. Zähne sind wichtig, aber es gibt wichtigeres. Gerade bei größeren Verletzungen klären Sie bitte auch immer ab, ob eine Tetanus-Impfung vorliegt.

Wenn es Ihnen nicht möglich ist, direkt zum Zahnarzt zu gehen, aus welchen Gründen auch immer, halten Sie den Zahn bitte feucht. Nach nur einer Stunde sollte ein ausgetrockneter Zahn nicht mehr eingesetzt werden! Viele Schwimmbäder und öffentliche Einrichtungen in Hessen haben sogenannte Zahnrettungsboxen. Plan B: ein bisschen Milch. Plan C: Wasser, oder den Zahn einfach zurück in den Mund stecken.

Was kann der Zahnarzt tun und was müssen Sie beachten?

Für jede einzelne Verletzungsvariante gibt es einzelne Behandlungsempfehlungen. Insgesamt können Frontzahntraumata sehr gut behandelt werden. Dennoch gibt es einiges, was man im Hinterkopf behalten muss.

Zähne, die einmal ein Frontzahntrauma hatten, können sich verfärben. Sie können schier alle denkbaren Farben annehmen, von schwarz über blau über rot über grau, je nach Verletzungsart und Weiterbehandlung.

Ein Frontzahntrauma-Zahn kann sein Leben lang eine Diva bleiben. Auch kleine Stöße und Stürze vergisst ein Zahn nicht und kann Jahre – sogar Jahrzehnte! – später noch Probleme verursachen. Oft ist dann eine Wurzelkanalbehandlung unausweichlich. Je nach Schwere des Frontzahntraumas kann es sogar sein, dass ein Zahn nachträglich entfernt werden muss.

Milchzähne und bleibende Zähne werden in der Regel komplett unterschiedlich behandelt, wenn es zu einem Frontzahntrauma kommt. Die Therapien zu vergleichen, das ist dasselbe wie die Sache mit Äpfeln und Birnen. Wenn Sie also bei Kind A eine gewisse Therapie am bleibenden Zahn miterleben durften, wundern Sie sich nicht, wenn Ihr Zahnarzt bei Kind B beim Milchzahn etwas komplett Anderes vorschlägt.

Zuletzt gibt es dann noch eine sonderbare Statistik, die aber stimmt: Kinder (und Erwachsene) fallen in der Regel nicht einmal auf die Zähne. Sie fallen zweimal. Wer einmal ein Frontzahntrauma erlitten hat, hat statistisch gesehen ein deutlich erhöhtes Risiko, ein zweites Mal auf die Zähne zu fallen, auch Jahre später. Die Wahrscheinlichkeit ist in bestimmten Phasen unseres Lebens besonders erhöht. An Universitäten wird darum gelehrt: Achtung beim laufen lernen, raufen lernen, saufen lernen. Aber das nur als kleinen Schwank am Rande.

Kann man ein Frontzahntrauma vermeiden?

Wenn Sie wissen, dass Sie eine Risikosportart für Zahnverletzungen ausüben, können Sie sich eine Zahnschutzschiene anfertigen lassen. Viele kennen das von Hockeyspielern.

Wenn Sie bemerken, dass Ihr Kind sehr stark vorstehende Frontzähne hat, sprechen Sie bitte mit Ihrem Zahnarzt. Manchmal kann eine kieferorthopädische Behandlung sinnvoll sein.

Was alles Andere betrifft: Nein, es ist nicht möglich, ein Frontzahntrauma zu vermeiden. Aber sollte es hart auf hart kommen, wissen Sie jetzt, was Sie tun können. Wenn Sie also Fußball spielen wollen, spielen Sie bitte Fußball. Und wenn es heiß ist und Ihr Kind ins Schwimmbad will, gehen Sie ins Schwimmbad und genießen Sie den Sommer.

In dem Sinne – lassen Sie es sich gutgehen, danke fürs Lesen und bleiben Sie gesund!
Dr. Marianne Skroch